Die Geschichte der Pfarrei St. Martin in Kaufbeuren

Die Pfarrei St. Martin hat, wie Kaufbeuren selbst, ihren Ursprung in einem um Mitte des 8. Jahrhunderts am Wertachübergang der Reichsstraße von Memmingen nach Schongau angelegten fränkischen Königshof. Dieser war der Mittelpunkt eines in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts von den Karolingern eingerichteten Königsgutbezirks. Darauf verweist neben anderem das Kirchenpatrozinium des hl. Bischofs von Tours, des Hausheiligen der Familie Karls des Großen.
Im hohen Mittelalter benannte sich nach Kaufbeuren das Adelsgeschlecht der Edlen von Buron, die den Ort und seine Umgebung bis 1167 als Reichslehen besaßen.

Über deren ehemalige Burg erhebt sich die heutige Stadtpfarrkirche St. Martin. Beim Tode Herzog Welfs Vl. kam Kaufbeuren 1191 an die Staufer, unter denen die Siedlung zu Beginn des 13. Jahrhunderts erweitert und zur Stadt ausgebaut wurde. Zu dieser Zeit, in welche die Gründung des Hospitals zum HI. Geist (1249) und des Klosters der Franziskanerinnen im Maierhof (vor 1261) fielen, erlebte Kaufbeuren seine erste wirtschaftliche Blüte. Mit dem Tode Konradins, des letzten Staufers, fiel die Stadt 1268 an das Reich, wo sie infolge eines Privilegs König Rudolfs von Habsburg aus dem Jahr 1289 bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts verblieb.

ie Anfänge der heutigen Pfarrkirche gehen auf den Beginn des 13. Jahrhunderts zurück. Aus dem Jahre 1299 stammt die erste sichere Erwähnung eines Stadtpfarrers. 1325 vernichtete ein Großbrand die gesamte Stadt, verschonte aber den romanischen Vorgängerbau der heutigen St. Martinskirche, von dem sich bis heute noch Spuren im Südportal, im Taufstein und in einem Säulenfuß am Cafe Weberhaus erhalten haben.

Im Jahre 1350 schenkte Kaiser Karl IV. das Patronat von St. Martin an die St. Agnes -Kapelle im Dom zu Augsburg, bei deren Inhaber fortan das Recht zur Bestellung des Pfarrherrn lag. 1357 erwarb die Stadt vom Reich das Ammanamt, 1418 von Kaiser Sigismund das Hochgerichtsprivileg. Damit hatte Kaufbeuren die uneingeschränkte Selbstverwaltung und Gerichtsbarkeit. Zwischen 1315 und 1388 überstand Kaufbeuren glücklich drei Belagerungsversuche.

Im 15. Jahrhundert erlebte die Stadt eine zweite wirtschaftliche Blütezeit durch den Fernhandel mit Webereierzeugnissen.
So konnten, sich ihre Bürger 1438 – 1443 einen völligen Neubau der Stadtpfarrkirche
und einen künstlerisch sehr bedeutsamen Schnitzaltar des Ulmer Meisters Michael Erhart leisten.
In diese Zeit fallen auch insgesamt 14 Aufenthalte Kaiser Maximilians I. in unserer Stadt.

Seit 1520 etwa fand die Lehre Martin Luthers Eingang in Kaufbeuren, zu der sich in der Folgezeit die Mehrheit der Bürger bekannte. Die Folgen davon waren im 1545 eine vollständige Umgestaltung der Pfarrkirche nach den Vorstellungen des Protestantismus und die Übernahme des Rechtes zur Besetzung der Pfarrei durch den Rat der Stadt. Seit 1555 galt für Kaufbeuren die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens für Reichsstädte gemischter Konfession. Nach der Errichtung der evangelischen Dreifaltigkeitkirche kam St. Martin 1614 wieder in den alleinigen Besitz der katholischen Glaubensgemeinde.

Im 17. und 18. Jahrhundert erhielt St. Martin eine Inneneinrichtung im Stile des Barock.
1627 – 1773 bestand in Kaufbeuren eine Niederlassung des Jesuitenordens. Die Societas Jesu befasste sich mit der Seelsorge und unterhielt eine höhere Schule für die katholische Jugend der Stadt.

Die elf Plünderungen, die Kaufbeuren während des 30jährigen Krieges über sich ergehen lassen musste, leiteten den wirtschaftlichen Niedergang der Reichsstadt ein. Im 18. Jahrhundert erlangte Kaufbeuren vorübergehend noch einmal eine gewisse Bedeutung als Wirkungsstätte der 1744 verstorbenen und 1900 seliggesprochenen Franziskanerin Crescentia Höß. Sie wurde am 25. November 2001 durch Papst Johannes Paul II. zur Ehre der Altäre erhoben.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam die Stadt an das Königreich Bayern.
Die Umgestaltung von St. Martin im Stile der Neugotik erfolgte 1893 – 1899 unter dem Stadtpfarrer Josef Landes, dem Begründer der Waisenhausstiftung St. Josef.

Seit dem 2. Weltkrieg wurden im Stadtgebiet und in Neugablonz wegen der Zunahme der Bevölkerung Kaufbeurens auf über 40.000 Einwohner vier weitere katholische Pfarreien errichtet.